Die Weltmeister:
1970 Jochen Rindt Lotus-Ford
1971 Jackie Stewart Tyrrell-Ford
1972 Emerson Fittipaldi Lotus-Ford
1973 Jackie Stewart Tyrrell-Ford
1974 Emerson Fittipaldi McLaren-Ford
1975 Niki Lauda Ferrari
1976 James Hunt McLaren-Ford
1977 Niki Lauda Ferrari
1978 Mario Andretti Lotus-Ford
1979 Jody Scheckter Ferrari
Noch bis Ende 1969 hatten alle seit 1950 gebauten Formel-1-Rennwagen eines gemeinsam: den zentralen Lufteinlass am Wagenbug, der den Motor mit Atem- und/oder Kühlluft versorgte. Diese Bauart bestimmte das Aussehen eines klassischen Formel-1-Boliden. Alternativen schienen nicht zu existieren.
Die Seitenkästen werden geboren
Dann war es abermals das Konstrukteursgenie Colin Chapman, der Neuland betrat. Bereits zu Beginn der 60er-Jahre hatte er die bis heute unverzichtbare Monocoque-Bauweise kreiert. Beim Bau seines neuen Lotus 72 verzichtete der Ingenieur und Teamchef völlig auf die aerodynamisch störende Öffnung. Chapman legte den Bug als geschlossenen Keil aus. Die Kühler verschwanden in den als Seitenkästen ausgebauten Flanken. Dank dieser wegweisenden Erfindung fuhr der Lotus 72 auf langen Geraden bei gleicher Motorleistung 14 km/h schneller als der Vorgänger Typ 49C! Weitere Merkmale des Boliden: Torsionsstab-Federung und innenliegende Bremsen. Mit der Federungstechnik wurde ein Gedanke des legendären Prof. Ferdinand Porsche aus den 30er-Jahren aufgegriffen. Die Verlagerung der Bremsen nach innen - ebenfalls keine Lotus-Erfindung - diente der Reduzierung der ungefederten Massen und damit der Optimierung der Straßenlage.Der "Großvater" aller modernen Monoposti debütierte 1970 in Madrid anlässlich des Grand Prix von Spanien. Aber noch litt die Konstruktion an Kinderkrankheiten und war nicht siegfähig. Drei Wochen später, der WM-Lauf in Monaco stand auf dem Programm, stieg Lotus-Star Jochen Rindt deshalb sogar freiwillig zurück in den 49C. Mit dieser Entscheidung legte der - seit seinem dritten Lebensjahr in Österreich lebende - Deutsche den Grundstein für den Gewinn der Weltmeisterschaft.
Zunächst stand das Rennen in Monaco ganz im Zeichen von Jack Brabham, dem Champion der Jahre 1959, 1960 und 1966. Der Australier bestritt die letzte Saison seiner Karriere und war trotz seiner 44 Jahre in bestechender Form. Bei Halbzeit führte der Altmeister und fuhr einem scheinbar sicheren Sieg entgegen. Rindt, am Steuer des "Museums-Lotus", fehlten bereits mehr als 15 Sekunden auf den Mann vom fünften Kontinent. Dann begann der Lotus-Fahrer über sich selbst hinauszuwachsen. Bis zehn Runden vor der Zieldurchfahrt schmolz sein Rückstand nur in kleinen Häppchen. 11.5 Sekunden trennten ihn jetzt vom Spitzenreiter. Im Verlauf der folgenden neun Umläufe kämpfte er sich um weitere zehn Sekunden heran! Trotzdem schien Brabhams Sieg ungefährdet. Den Lotus des Deutschen formatfüllend in den Rückspiegeln, wollte der Routinier in der letzten Runde ganz besonders clever vorgehen: Jack Brabham wählte die "Kampflinie", um Rindt ein Ausbremsmanöver unmöglich zu machen. Aber abseits der Ideallinie mit der "Gummipatina" verlor der alte Haudegen die Kontrolle über seinen Boliden und rutschte in die Strohballen der Streckenbegrenzung! Jochen Rindt schlüpfte innen durch und gewann! Der, auf das Auftauchen Brabhams fixierte, Rennleiter vergaß sogar, den Überraschungssieger abzuwinken.
Erst in Zandvoort kletterte Rindt wieder in den futuristischen Lotus 72. Jetzt ließ sich das Potential der Konstruktion endlich wecken. Rindt siegte, und anschließend kassierte der neue Superstar auch in Frankreich, England und Deutschland die volle Punktzahl. Ausgerechnet in seiner Wahlheimat Österreich, wo erstmals seit 1964 ein WM-Grand-Prix ausgetragen wurde, riss die Serie: Wegen eines Motorschadens kam Rindt nicht ins Ziel. Niemand konnte ahnen, dass Jochen Rindt nie mehr starten würde. Im Abschlusstraining für den GP von Italien brach auf der Anfahrt zur Parabolica die vordere rechte Bremswelle. Am Steuer von Chassis Nummer 2, dem Erfolgsauto der glücklichen Sommermonate, knallte der Pilot in die Leitplanken und zog sich tödliche Verletzungen zu. Sein Punktevorsprung konnte aber bis Saisonende von keinem Konkurrenten mehr eingeholt werden, und so wurde Jochen Rindt als erster und bis heute einziger Formel-1-Rennfahrer posthum zum Champion erklärt.